Die Superblock-Grundkarte

Für nachhaltige und lebenswerte Gemeinden ist die rasche Verkehrswende unerlässlich. Superblocks sind eine der wichtigsten bewährten Schlüsselmaßnahmen auf dem Weg dorthin. Gemeinsam mit unseren Partner:innen haben wir die Superblock-Grundkarte von Wien erstellt, um vorhandene verkehrsberuhigende Elemente sowie neue Ideen für Superblocks zu verorten und so zukünftige Superblocks zu unterstützen.

Die nun erscheinende Superblock-Grundkarte für Wien soll einen Überblick über den aktuellen Stand bieten und für mehr Superblock-Projekte sorgen. Sie zeigt, wo Superblocks schon dazu beitragen, Siedlungen nachhaltiger zu gestalten und wo sie zukünftig entstehen könnten.

Hier geht’s zum ganzen Beitrag und zur Karte: https://geht-doch.wien/superblock-grundkarte/

Zur themenspezifischen Vernetzung können Sie beispielsweise die Facebook-Gruppe Superblocks Austria nutzen.


geht-doch bei den City Talks

Die City-Talks Reihe wird von A city made by people in Amsterdam organisiert  und online abgehalten (in Englisch). Diesmal geht es darum unsere Mobilität nach Covid19 zu diskutieren und da ist geht-doch natürlich mit dabei und setzt sich auch international für die Anliegen und Bedürfnisse von zu Fuß Gehenden ein!

Die offizielle Beschreibung lautet:

„CITY TALKS is an ongoing series of online Live Q&A [Anm. Questions and Answers] featuring initiatives and topics from cities within our network.How will we cycle and walk in the new normal? How can we make more space for people to move comfortably in our cities? We’ve invited 3 initiatives that are working on these challenges due to the effects of the COVID-19 Corona measures.“

Schaltet euch dazu und stellt eure Fragen!

Link zur Teilnahme: https://www.acitymadebypeople.com/city-talks

Social Spots – es geht – trotz Covid19!

Als ich von der Idee erfuhr, dass jemand ein Social-Spot Meeting in Zeiten der Corona-Krise plant, das von Vorschriften und Social-Distancing geprägt ist, war ich einerseits etwas skeptisch, aber trotzdem neugierig.

Viele Ideen schossen mir durch den Kopf: kann das funktionieren? – wie soll das funktionieren? – darf das denn überhaupt sein?

Gespannt was mich da erwarten würde, begab ich mich zu dem vereinbarten Treffpunkt am Donaukanal, gleich gegenüber der Adria.

Meine Skepsis wuchs noch mehr als ich merkte, wie viele Menschen den wunderschönen Sonntag ausnutzten um sich im Freien zu bewegen – „wo bitte sollten da mehrere Menschen bei dem Fußgänger- und Radfahreraufkommen noch Platz finden und dann auch noch den bekannten 1m Sicherheitsabstand wahren…und dann auch noch sozial interagieren?“

Und da sah ich sie auch schon – Sophie, die ich von der Fußgängerinitiative geht-doch.wien kenne und ihre Freundin Mini – und beide sah ich, wie sie mit Kreide geometrische Figuren auf den Boden malten.

Hmm…sah ein bisserl nach Pentagramm aus…Treffpunkt eines Hexenclubs?

Nein, gar nicht (obwohl schade, ich wollte immer schon mal echte Hexen treffen) – aber wie mir Sophie erklärte, handelte es sich um gleichseitige Dreiecke die so angeordnet sind, dass in diesem Fall sich bis zu 12 Personen treffen können und sogar ein Mindestabstand von 2m zu jeder (!) Person eingehalten werden kann – einfach genial.

Und auch die Kommunikation funktionierte hervorragend!

Aufgrund der Anordnung der Dreiecke bekam man gleich mehrere Gesprächsinhalte unterschiedlichster Teilnehmer mit und konnte sich verschiedentlich bei anderen Themen einbringen.

Auch meine Befürchtung, dass sich das mit der notwendigen Größe nie ausgehen konnte, wurde zerstreut. Der Treffpunkt war nämlich optimal gewählt – aufgrund des vorhandenen Kai-Vorsprungs ging sich das alles trotz des starken „Freizeitverkehrs“ wunderschön aus, sodass niemand durch unseren Social-Point gestört oder behindert wurde.

Und außerdem wurden wir zu einem beliebten Fotomotiv! Viele blieben extra stehen und zückten ihr Handy, um ein Bild von der sich ihnen bietenden Szene zu machen – und das sogar von der nahen Marienbrücke!

Mein Resümee: ganz nach unserem Vereinsmotto „geht-doch!“ Denn gerade in speziellen Situationen sieht man, was alles geht!

Ich freu mich schon auf unser nächstes #SocialSpots-Treffen!

Blogbeitrag von Christian D.

 

 

Physical Distance aber Social Caring

Ein Plädoyer

Sprache ist tückisch, sie droht oft ein einseitiges Bild zu zeichnen. Deshalb plädiere ich für einen sorgsameren Umgang mit Sprache und letztendlich für einen wertschätzenderen Umgang mit sozialer Interaktion in Zeiten von COVID19 und danach.

„Social Distancing“, wie es von Anfang an von Seiten der Regierung eingefordert und auch von vielen Menschen praktiziert wurde, ist ein irreführender Begriff.

Ich selbst habe versucht mich so gut wie möglich daran zu halten.
Ich habe meine Sozialkontakte zurückgeschraubt – und zwar drastisch, als jemand der normalerweise ein sehr vielfältiges Sozialleben pflegt.

Anfänglich war es noch irgendwie aufregend über diverse Telekommunikationsapplikationen mit Freunden und Familie auf der ganzen Welt zu plaudern. Doch die Begeisterung daran schwand von Woche zu Woche. Und die Sehnsucht nach „echten“ Sozialkontakten stieg.

Doch aus geglaubtem Mangel an Alternativen zog ich mich immer mehr in mich selbst zurück. Während draußen die Sonne einen wunderbar warmen Frühling einläutete und dieser von unzähligen Familien im Park genossen wurde, fühlte ich mich zusehends isoliert – und damit stehe ich nicht alleine da.

Soziale Interaktion ist essentiell für unser Wohlbefinden und in vielen Fällen bekommen wir davon derzeit nur ein absolutes Minimum. Der Entzug von menschlicher Nähe hat in den letzten Wochen extreme Ausmaße angenommen – viele sind an der Schwelle des Verkraftbaren und das ist zutiefst menschlich.

Psychische Gesundheit, Bewegungsmangel, häusliche Gewalt

Stress, Frust, Schlafmangel – Symptome, die jeder von uns kennen dürfte, doch unter den derzeitigen Ausgangsbeschränkungen kommen diese häufiger vor und können schnell auch bedrohliche Auswirkungen annehmen.[1+2]  Wenn unzählige Menschen in Depressionen schlittern, oder zunehmend ihren Frust und Unmut in häuslicher Gewalt kanalisieren, müssen die die Alarmglocken schrillen.[3+4]. 

Welche Kollateralschäden müssen wir als Gesellschaft hinnehmen?
Die psychischen und physischen Auswirkungen, die das propagierte Social Distancing mit sich bringt – und zwar voraussichtlich längerfristig – müssen gesehen und gehört werden.

Deshalb nun mein Plädoyer: Fangen wir an das Social Distancing als Physical Distancing zu begreifen. Abstand halten ist eine sinnvolle Maßnahme, die jeder ergreifen kann. Soziale Nähe ist aber genauso lebenswichtig.[5]

Weg von Social Distancing hin zu rein physischem Abstandhalten während Social-Caring

Der Entzug von menschlicher Nähe führt zu geistiger und sozialer Verarmung.[6] Dagegen möchte ich nun tätig werden.

Aus stadtplanerischer Sicht ist das Thema des Physical Distancing eine richtungsweisende Herausforderung. Seit Wochen sehen wir so klar wie noch nie: der öffentliche Raum in unseren Ballungsräumen ist nicht nur knappes und somit kostbares Gut, er ist auch irrsinnig unfair verteilt.

Menschen, die durch die Straßen spazieren sind vielerorts gezwungen auf die Fahrbahn auszuweichen, da ein Begegnen unter Einhaltung des Mindestabstandes von 2 Metern auf Gehsteigen, die die 2m Mindestrbeite nicht erreichen, unmöglich ist.

Zu Fuß Gehende und Radfahrende spüren am eigenen Leib, wie knapp der Abstand zueinander manchmal wird, weil ihnen einfach nicht genügend Raum zugestanden wird. Die Stadt Wien hat zwar sehr spät reagiert, aber immerhin seit Ostern einige Straßenzüge für die gesündesten Formen der Mobilität (Anm. „Aktive Mobilität“) geöffnet. Es ist ein Anfang.

Wenn wir davon ausgehen, dass #PhysicalDistancing auch für Post-Corona Zeiten ein Credo bleiben wird, brauchen wir eine flächendeckende Ausweitung dieser Maßnahmen.

Zusätzlich freuen wir uns auf kreative Lösungen, wie wir der sozialen Verarmung entgegenwirken können, ja vielmehr wieder wertvolle zwischenmenschliche Interaktion fördern können – trotz des notwendigen Abstandhaltens.

Eine solche Idee nimmt mit #socialspots gerade Formen an. Bleibt gespannt. Damit wird nämlich aus #SocialDistancing ein #Social Caring mit #PhysicalDistancing und das ist weitaus besser.

Außerdem: Du wünscht dir mehr Platz zum Gehen, Verweilen, Radfahren und Spielen im öffentlichen Raum in Wien? Dann unterzeichne hier: #platzfürwien

Hilfs-Hotlines in Zeiten psychischer Belastungen:
142 (Notruf), täglich 0–24 Uhr

Weitere: https://www.gesundheit.gv.at/leben/suizidpraevention/betroffene/krisentelefonnummern

[1] https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2020-03/isolation-coronavirus-social-distancing-folgen

[2] https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(20)30460-8/fulltext#seccestitle40

[3] https://www.nytimes.com/2020/04/06/world/coronavirus-domestic-violence.html

[4] https://orf.at/stories/3160714/

[5] https://www.schmid-schmid.at/blog/aktuelles/physical-distancing-statt-social-distancing

[6] https://www.addendum.org/coronavirus/podcast-corona-alltagsgeschichten/#ep22

„Sitz Doch“ á la Niederländisch

Eine Bank erfasst den Bedarf nach Sitzmöglichkeiten

Im niederländischen Groningen wurde sieben Wochen lang eine Bank an verschiedenen Orten der Stadt aufgestellt. So weit so gut, nur hatte die – für Wiener Verhältnisse – untypisch modern anmutende Bank auch einen versteckten Sensor integriert, der die Nutzungshäufigkeit und Sitzdauer aufzeichnete.

source: Jorne Visser, co-founder of Bureau Buitendienst

So konnten in diesem ersten Pilotversuch des sogenannten „BNCH project“ wichtige Daten zum Bedarf an Sitzmöglichkeiten im öffentlichen Raum erfasst werden. Generell zeigte sich: an viel frequentierten Orten wurde die Bank öfter, dafür aber mit kürzerer Sitzdauer verwendet, während an weniger belebten Orten die Nutzungsanzahl sank, dafür aber die Sitzdauer wesentlich länger war.

Zusätzlich gab es auch einen qualitativen Teil der Untersuchung bei dem die Nutzerinnen und Nutzer mittels QR-Code Scan auf einer Homepage über die verschiedenen Standorte der Bank sowie über das Bank-Design abstimmen und Sitzmöglichkeiten im öffentlichen Raum generell bewerten konnten.

source: Jorne Visser, co-founder of Bureau Buitendienst

So einfach kann es sein – allein das Aufstellen einer (vorher fehlenden) Sitzmöglichkeit kann den öffentlichen Raum verwandeln und eine Umgebung schaffen, in der sich Menschen ausruhen, essen, unterhalten, treffen und das städtische Leben genießen können. Eine weitere Erkenntnis ist, dass der Standort vorrangig entscheidend dafür ist, ob eine Bank verwendet wird oder nicht, das Design der Bank wiederum ist sehr wichtig um Sitzgelegenheiten zu kreieren, die für alle ansprechend sind.

Wir finden dies ist ein schönes Beispiel für niederschwellige Stadtentwicklung. Ein Experiment, welches dabei hilft den öffentlichen Raum für alle zugänglicher und dadurch inklusiver zu gestalten.

Ganz ähnlich, wie geht-doch in Wien mit den roten Klappsesseln auf die Wichtigkeit von konsumfreien Sitzgelegenheiten im öffentlichen Raum hingewiesen hat. Fast könnte man meinen, dass Groningen von unseren Aktionen für mehr konsumfreie Sitzmöglichkeiten mit den Sitz-dochs inspiriert wurde.

#sesseltanz

Best thanks to Jorne Visser, co-founder of Bureau Buitendienst, for providing the photos!

Groningen (NL): BNCH project

Quellen:
Bureau Buitendienst (2019): Projecten: BNCH
https://www.bureaubuitendienst.com/projecten1/bnch

Humankind HQ: Blog
https://www.humankind.city/post/the-benchmark-a-smart-bench-that-teaches-cities-about-the-public-space