Verbesserungen für das Wiener Klimagesetz (Stellungnahme von #WirmachenWien unter Mitarbeit von geht-doch)

Das Titelbild zeigt ein Foto auf dem vier Fahrradfahrende nebeneinanderfahrend von hinten zu sehen sind. Offensichtlich besuchen sie gerade eine Fahrraddemo, da eine Person ein Demo-Schild auf dem Rücken montiert hat auf dem "Vorrang für Fahrradfahrende" zu sehen ist. Im Vordergrund dieses Titelbilds sind einmal der Schriftzug "Wir machen Wien" und darunter der - in Form einer Sprechblase gehaltene - Schriftzug "In Bewegung kommen. Unsere Stellungnahme zum Wiener Klimagesetz" zu lesen.

Sophie von geht-doch hat mit dem #WirMachenWien-Team sowie einer Vertreterin der Agendagruppe Lichtenthal Verbesserungsvorschläge für den Entwurf zum Wiener Klimagesetz erarbeitet und am 11.10. offiziell eingebracht.

Zu folgenden Punkten haben wir Verbesserungsvorschläge ausgearbeitet:

  • Evaluation wirksam machen – Im Entwurf sind keine Zeitschienen für die Evaluation der Klimaschutzmaßnahmen laut Klimafahrplan aufgeführt.
  • Einberufungen zeitgemäß und resilient gestalten – Nur der Bürgermeister kann laut Entwurf die Sitzungen der zentralen Steuerungsgruppe einberufen und leiten. Diese Regelung ist weder demokratisch noch krisenfest.
  • Ziele einhalten – Der unverbindliche Ansatz des vorliegenden KG-Entwurfes bedeutet, dass wesentliche Fragen zur Erreichung der sogenannten Wirtschaftssektoren-Ziele weiterhin unbeantwortet bleiben.
  • Beteiligung der Bevölkerung stärken

>> Lies die volle Stellungnahme zum Wiener Klimagesetz auf der Homepage von #WirMachenWien

Mehr Informationen zu den konkreten Verbesserungvorschlägen könnt ihr in diesem Beitrag auf der #WirMachenWien Seite nachlesen.

Und hier findet ihr den Entwurf zum Klimagesetz (die Stellungnahme-Frist ist jedoch bereits abgeschlossen)

geht-doch zu Gast bei der ersten CITY ROMANTICS Show von Wir machen Wien

Um für die Arbeit von Wiener Initiativen zu begeistern, war geht-doch gestern gemeinsam mit der Radlobby, Gürtelliebe, sowie Kidical-Mass auf der Bühne vom Urbanize Festival und buhlte spielerisch (und mit hohem Spaßfaktor für alle Beteiligten!) um die Begeisterung von neuen oder noch unentschlossenen Citychangers / Stadtmacher:innen wie Barbara.

Das Format dieser „City Romantics“ Show war angelehnt an die ehemalige österreichische TV-Dating-Show „Herzblatt“ und wurde genauso überzeugend und unterhaltsam moderiert von Melanie Zwanziger!

Wir danken Wir machen Wien und Derive / Urbanize für die Einladung und die Chance nicht nur unsere Arbeit sichtbar zu machen sondern auch gleich für neue geht-doch Aktivist:innen und Mitglieder werben zu können. Außerdem bekamen wir auch die Gelegenheit unseren aufrichtigen Dank an die Radlobby auszusprechen, die uns als größere Organisation seit vielen Jahren unterstützt. Dadurch konnten wir auch ein klares Commitment abgeben und Zeichen setzen für die weitere enge Zusammenarbeit mit der Radlobby und das gemeinsame Voranbringen und Gehör-Verschaffen von Fußgeh- und Radfahr-Anliegen gleichermaßen.

Wenn dich unsere Arbeit interessiert, oder du vielleicht selbst schon länger ein Anliegen hast, welches die Bedingungen des zu Fuß Gehens in deinem Grätzl oder in ganz Wien verbessern möchte, komm gern bei unserem nächsten Jour Fixe vorbei: Wann? kommenden Montag, 14.10., ab 19Uhr in der ÖBB Innovation Factory!

Wir freuen uns immer über neue (und auch altbekannte Gesichter) und sind gespannt auf die nächste Edition von „City Romantics“!


Bachelorarbeit über die Geh-Qualitäten am Spitz (1210)

Can hat im vergangenen Jour Fixe (September JF) über seine Bachelorarbeit zum Thema „Fußgänger:innenfreundliche Stadtplanung – Bewertung der städtischen Umgebungsqualitäten am Spitz (21.Bezirk, Wien)“ berichtet und diese mit uns geteilt.

Die Handlungsempfehlungen, die darin am Ende formuliert sind decken sich mit den langjährigen Forderungen von geht-doch! Wir fassen Zusammen:

Als kurzfristige Handlungsempfehlungen wird
1) das Abschaffen von Bettelampeln gefordert (ein geht-doch Schwerpunkt im Jahr 2023);

2) auf allen Straßenabschnitten am Spitz soll Tempo 30 gelten, das würde vor allem bei ungesicherten Kreuzungen das Queren von zu Fuß Gehenden erleichtern und sicherer machen.

Als mittelfristige Mittelfristige Handlungsempfehlungen wird
1) einerseits gefordert Parkplätze zu reduzieren,

2) Gehsteige zu verbreitern (eine der wichtigsten geht-doch Forderdungen ist und bleibt die Schaffung von 2 Meter Mindestbreite auf allen Gehsteigen!), sowie

3) Begrünung der Straßenräume zu erhöhen.
Außerdem wird die Untersuchung zu Verbesserungsmaßnahmen von bestimmten Querungsstellen für zu Fuß empfohlen – wie zum Beispiel die Einrichtung eines Zebrastreifen und eine Fahrbahnerhöhung für die ungesicherten Kreuzung Prager Straße/Schwaigergasse.

Und als langfristige Handlungsempfehlung wird die Überprüfung zur Eignung einer Fußgänger:innen Zone diskutiert. Geht-doch unterstützt diese Handlungsempfehlungen vollends!

Wir gratulieren Can, der damit sein Bachelorstudium „Geographie“ abgeschlossen hat. Ihr erhaltet diese Arbeit gerne auf Anfrage über: neugierig(at)geht-doch.wien

Titelbild Quelle: Deckblatt Kapitel 2: Boulevard Anspach in Brüssel (vgl. Wikimedia Com-
mons 2020) in Erdik (2024, 3.)



Lerne die Initiativen aus unserem letzten Jour Fixe kennen: „ZentaGarden“ und „omas for future“

In unserem September Jour Fixe wurden wir von Vertreter:innen der Initiativen „ZentaGarden – lebenswerte Zentagasse“ (1050 Wien), sowie „Silvia „omas for future“ (Wienweit) mit einem Besuch beehrt.
Während Silvia die “omas for future” in Wien gerade aufbaut (hier die österreichweite Website) und sich diesbezüglich mit uns vernetzt hat, konnten wir mit Judith von “ZentaGarden – Lebenswerte Zentagasse” Erfahrungen von ehemaligen geht-doch Aktionen teilen und unsere Liegestühle für die (sehr erfolgreiche) Aktion am “Parking Day bereitstellen (siehe Titelfoto oben). Danke für euren Besuch! Wir freuen uns auf Updates und weitere Vernetzungsmöglichkeiten.

Die Superblock-Grundkarte

Für nachhaltige und lebenswerte Gemeinden ist die rasche Verkehrswende unerlässlich. Superblocks sind eine der wichtigsten bewährten Schlüsselmaßnahmen auf dem Weg dorthin. Gemeinsam mit unseren Partner:innen haben wir die Superblock-Grundkarte von Wien erstellt, um vorhandene verkehrsberuhigende Elemente sowie neue Ideen für Superblocks zu verorten und so zukünftige Superblocks zu unterstützen.

Die nun erscheinende Superblock-Grundkarte für Wien soll einen Überblick über den aktuellen Stand bieten und für mehr Superblock-Projekte sorgen. Sie zeigt, wo Superblocks schon dazu beitragen, Siedlungen nachhaltiger zu gestalten und wo sie zukünftig entstehen könnten.

Hier geht’s zum ganzen Beitrag und zur Karte: https://geht-doch.wien/superblock-grundkarte/

Zur themenspezifischen Vernetzung können Sie beispielsweise die Facebook-Gruppe Superblocks Austria nutzen.


Lass dich gehen!

Gemeinsam mit der #Grätzlmarie bespielen wir im Mai & Juni den Öffentlichen Raum im 2. und 20. Bezirk. DANKE an die Stadt Wien, dass sie damit ehrenamtlich agierende Menschen und Vereine unterstützt.

Was passiert da?

Viele weitere Initiativen sind gemeinsam mit uns aktiv, wir haben uns vernetzt, um uns gegenseitig bestmöglich zu unterstützen. All unseren Initiativen ist gemeinsam, dass wir durch Werkzeuge des „tactical urbanism“ aufzeigen wollen, wie wir den Öffentlichen Raum künftig nutzen wollen und was verbessert werden soll.

Von A wie Ampelwanderung bis Z wie Zebrastreifenmalen

Wir schauen uns in den kommenden Wochen genau die Situation fürs Zu Fuß Gehen in der Leopoldstadt und in der Brigittenau an. Dazu laden wir zu einer Ampelwanderung, um zu sehen, wie mühsam es sein kann, um über eine Kreuzung zu kommen. Dann veranstalten wir zwei Begehungen gemeinsam mit dem Verein bizeps und den Mobilitäts Scouts und zum Abschluss bespielen wir die Wohnstraße Staudingergasse. Die Erfahrungen, Verbesserungsvorschläge und Forderungen werden wir in Folge an die Bezirksvertretungen 2 + 20 richten. Komm gerne auch hin und unterstütze uns dabei!

Unsere Forderungen zu Kreuzungen und Ampelschaltungen:
Mehr Infos zu unserer aktuellen Kampagne. #lassmichgehen

Das Parkpickerl kommt endlich!

Sitzplätze statt Parkplätze!

Der Straßenraum wird von PKWs und LKWs besetzt: 66% der Straße gehören ihnen, den kleinen Rest des Platzes teilen sich Fußgänger:innen und Radfahrer: innen – gemeinsam mit Mistkübeln, Verkehrsschildern, e-Ladestationen, Haltestellenhäuschen, Verteilerkästen.

Der Öffentliche Raum ist damit chronisch ungerecht verteilt.

Ein Blick auf den Modal Split der Wiener: innen beweist, dass nur 27% der Wege mit dem PKW (motorisierter Individualverkehr – MiV), 38% mit den Öffis, 7% mit dem Rad und 28% zu Fuß erledigt werden (2019 – vor Corona). 2020 hat sich das Bild nochmals zu Gunsten der Aktiven Mobilität geändert: 37% der Wege werden Zu Fuß zurückgelegt, 9% mit dem Rad, 27% mit den Öffis, 27% mit dem Auto.  

In Wien gibt es rd 700.000 angemeldete PKWs und rd 200.000 Pendler:innen von denen 2/3 mit dem Auto kommen. Es gibt rd 470.000 Parkplätze im Öffentlichen Raum, die Garagenplätze nicht mitgerechnet.

Am 1. März 2022 kommt die Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung in Wien auf die Bezirke Hietzing, Floridsdorf, Donaustadt, Liesing und Teile von Simmering.

 Damit werden zehntausende Parkplätze auf den Straßen frei. Das bedeutet zunächst mehr autofreie Straßen und Plätze, weniger Feinstaub, weniger Lärm und weniger CO2. 

Wenn das nicht passiert, leeren sich die Garagen und an der ungerechten Verteilung des Öffentlichen Raums ändert sich nichts. Das haben wir bei der vergangenen Einführung des Parkpickerls vor allem in den West- und Südbezirken Wiens gelernt. Für die Fußgänger:innen gab es nur wenige Verbesserungen. Deshalb ist diesmal rascheres Handeln notwendig.

Sicherheit kann ungesund sein! Teil 1/2

Wir sind in Gefahr. Tagtäglich. Im Straßenverkehr, zu Haus, überall. Wirklich? Weit gefehlt. Die größte Gefahr für unser Leben geht von uns selbst aus. Unser Lebensstil bestimmt wie gut und wie lange wir leben. Ein wichtiger Aspekt davon ist, wie wir uns im Alltag bewegen. Die Gestaltung des öffentlichen Raumes und des Grätzls arbeitet zumeist gegen unseren Bewegungsdrang – Beobachtungen aus dem Alltag im Nordbahnhofviertel von Beatrice Stude. Teil 1.

 
Nach Stockholm ist Wiens Straßenverkehr der zweitsicherste Europas, noch vor Kopenhagen und Amsterdam. 19 Personen starben 2016 im Straßenverkehr in Wien. Die Gefahr, sich selbst umzubringen liegt 10-mal höher. Ermordet wurden im selben Jahr 12 Menschen. Jeder Todesfall ist tragisch, jedoch sind diese Todesfälle gerechnet auf die 1,85 Millionen Menschen, die in der Hauptstadt leben, gering. Woran sterben die Menschen in Wien? Zu über 95 Prozent sind Krankheiten die Todesursache. An erster Stelle, mit über 40 Prozent, stehen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, gefolgt von Krebserkrankungen. Die Gefahr in Wien an einer Krankheit zu sterben liegt damit 800 Mal höher als der Tod im Straßenverkehr. Für Menschen unter 65 Jahre liegt sie immerhin noch rund 130 Mal höher. Die bislang stetig ansteigende Lebenswartung ist 2015 in Österreich und im Durchschnitt der den EU-28-Staaten laut Eurostat erstmals leicht rückläufig. Heutzutage ist das Überleben häufig keine Frage der Medizin mehr, sondern des Lebensstils: Bewegung ist da ein wichtiger Faktor. Doch wie bewegen sich die Menschen in Wien? Welche Verkehrsmittel wählen sie? 27 Prozent ihrer Wege legten die Menschen 2016 mit dem Auto zurück, besagt der Modal Split, die Verteilung des Transportaufkommens auf verschiedene Verkehrsmittel in der Verkehrsstatistik. Gleich viele Menschen waren zu Fuß unterwegs. Der größte Anteil, 39 Prozent, nutzte öffentliche Verkehrsmittel, die Wenigsten fuhren Fahrrad. Nur ein gutes Viertel der Wiener Bevölkerung fährt also Auto und dennoch dominiert das Auto unseren öffentlichen Raum: asphaltierte Fahrbahnen gesäumt von parkenden Autos. Verkehr wird von vielen Menschen mit Autoverkehr gleichgesetzt. Kaum verwunderlich. Das Auto hat eine hohe Präsenz in unseren Köpfen. Diese Präsenz wird durch den autogerecht gestalteten öffentlichen Raum aufrechterhalten und immer wieder erneuert.
 

Barrierefreiheit und Flüssigkeit der Verkehre

Im Nordbahnviertel zerschneidet das Raster des öffentlichen (Straßen-)Raumes mit tieferliegender Fahrbahn die stufenfreien und kurzen Wege der vielen durchwegbaren „Innenhöfe“. Fahrbahnen für Autos die oft gesäumt sind von Parkbuchten für Autos, etwas aufgelockert durch Baumscheiben. Gemeinsam bilden sie eine Barriere und verwehren den direkten Zutritt vom Gehsteig auf die Fahrbahn. Sie zwingen Umwege zu gehen. Selbst die fußläufige Verbindung zur Bushaltestelle bei der Pensionsversicherungs-anstalt (PVA), die nördlich entlang des Pflegewohnhauses verläuft, mündet direkt auf eine Baumscheibe. Wer eine Lücke findet, steigt eine hohe Stufe hinab auf die Fahrbahn, um diese zu überqueren. Hohe Bordsteinkanten dienen dem Schutz der Menschen zu Fuß, doch dienen sie vor allem der Flüssigkeit des Autoverkehrs. Es ist eine Einladung zum schnelleren Fahren. Selbst die Fußgängerzone in der Ernst-Melchior-Gasse ist dieser „allgemeinen Ordnung des Straßenraumes im Nordbahnviertel“ unterworfen: Gehsteig mit begleitender Grünfläche mit hoher Bordsteinkante, Fahrbahn und wieder Gehsteig mit hoher Bordsteinkante. Abgesenkte Zugänge zur Fahrbahn gibt es zumeist nur an den Kreuzungen, im Abstand von nicht selten über 100 Metern. Dies bedeutet weitere Umwege für all jene, die stufenlos unterwegs sein wollen oder müssen: wie Menschen mit Kinderwagen, Einkaufstrolley, Rollstuhl oder Fahrrad. Die abgesenkten Bordsteine der Zufahrten zu Auto-Tiefgaragen oder zu Müllräumen verbessern diese Taktung ein wenig. Dabei kennt die Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) durchaus Festlegungen, die der Flüssigkeit der anderen Straßenverkehre dienen, derer ohne Autos: Wohnstraßen und Begegnungszonen, Paragraf 76b und 76c, dienen insbesondere der Flüssigkeit des Fußgängerverkehrs. In erster ist Schrittgeschwindigkeit, in zweiter Tempo 20 vorgeschrieben. Radfahren ist in beiden erlaubt, als auch das Zu- und Abfahren mit Autos. Darüber hinaus gibt es die Fahrradstraße in der StVO, Paragraf 67, die der Flüssigkeit des Fahrradverkehrs dient und Tempo 30 vorschreibt. Auch hier ist das Zu- und Abfahren mit Autos erlaubt. Fahrräder haben aber stets Vorrang.
Im neu gebauten Nordbahnviertel sind keine Wohnstraßen, Begegnungszonen oder Fahrradstraßen zu finden, einzig Fußgängerzonen. Dabei sind große Teile des Viertels Tempo-30-Zonen, auch die Vorgartenstraße. In Begegnungszonen und Wohnstraßen dürfen Menschen zu Fuß die gesamte Fahrbahn benützen beziehungsweise auf ihr Spielen, abseits dieser besonders Festlegungen für den Straßenraum dürfen Menschen, die zu Fuß unterwegs sind Fahrbahnen nur zum Queren Betreten.

Die Verkehrsführung sieht an sich vor, dass Durchgangsverkehr für Autos unterbunden und damit der Autoverkehr im Grätzl reduziert wird. Trotzdem gibt es zwei Ampeln, beide in der Vorgartenstraße. Allerdings warten die Menschen mit oder ohne Fahrzeug an der Ecke Haussteinstraße oftmals ganz einsam auf ihr Grün.

Diese Ampel war für die dort geplante Buslinie vorgesehen. Diese verläuft heute anders. Es heißt, dass Einige die Bushaltestelle vor ihrem Haus nicht wollten, während Andere sie gern direkt vor der Haustür behalten wollten. Es wäre eine Option diese Ampel auszuschalten, bis der Bedarf für eine ampelgeregelte Kreuzung gegeben ist. Denn jene Kreuzung könnte mit Vorfahrtsregel und allseits umlaufenden Fußgängerüberwegen von allen schneller passiert werden. Die zweite Ampel Ecke Walcherstraße hat zumeist ein Verkehrsaufkommen, dass die Ampelregelung rechtfertigt, hier führen auch zwei Buslinien über die Kreuzung.

Eine Insel mitten in der Stadt

Das Nordbahnviertel ist im Südosten durch die hohe Barrierewirkung der Lassallestraße und im Westen durch die Bahntrasse der Schnellbahn von den angrenzenden Vierteln abgeschottet und erhält dadurch einen Inselcharakter.

Seit über sechs Jahren ist über die Länge von eineinhalb Kilometern kein offizielles Durchkommen unter dieser Bahntrasse zu den Nahversorgungsangeboten und Lokalen im Allierten- und Afrikanerviertel als auch weiter zum Donaukanal. Die Wegstrecken sind doppelt bis vierfach so lang wie die Luftlinie. Auf der anderen Seite zur Donau hat sich etwas getan. Seit Mai 2015 hat das Nordbahnviertel mit dem Judith-Deutsch-Steg eine Direktanbindung für Menschen zu Fuß und mit Fahrrad an das rechte Donauufer als Naherholungsgebiet.

Menschen sind Gewohnheitstiere. Natürlich schließt dies mit ein, wie wir uns tagtäglich bewegen. Doch verändert sich unsere Lebenssituation, wenn wir in eine neue Wohnung ziehen oder in einer neuen Arbeitstätte beginnen. Dies sind Zeitfenster, in denen wir leichter Umlernen könnten: zu Fuß gehen, mit dem Fahrrad fahren oder in die Öffis statt ins Auto zu steigen. Monate und Jahre später tun wir uns wieder schwerer. Zeitfenster für das Umlernen von nachhaltigem Mobilitätsverhalten werden von der Stadtentwicklung noch zu wenig unterstützt: Kurze Wege frühzeitig errichten und während der weiteren Bebauung freihalten, als auch öffentlichen Verkehr wie Straßenbahn- und Buslinien frühzeitig in Betrieb nehmen.

Die Entwicklung und Bebauung des Geländes des ehemaligen Nordbahnhofes wurde ausgehend von der Lassallestraße und dem Praterstern – von Süden her entwickelt. So ist es wenig verwunderlich, dass es bislang im Norden noch keine offizielle Anbindung an die Innstraße gibt. Die Innstraße ist auch die Bezirksgrenze, der Wechsel der Zuständigkeiten.

Dieser könnte mitverantwortlich dafür sein, dass die geplante Straßenbahnlinie O nicht in den nördlich angrenzenden 20. Bezirk weitergeführt werden soll. Denn eine Straßenbahnführung braucht Raum. Straßenraum, der jetzt Fahrbahnen und Parkplätze für Autos bietet. Dabei dürfte mehr Präsenz von Straßenbahnen im öffentlichen Raum die Autopräsenz in unseren Köpfen etwas reduzieren. Die Straßenbahnlinie O führt 2020 vom Praterstern zum Bildungscampus – dem dann größten Schulkomplex der Stadt – und über eine Schleife wieder retour. Der bereits errichtete Bildungscampus Gertrude-Fröhlich-Sandner ist derzeit ebenfalls nur über eine Schleife der Buslinie 82A an den Praterstern angebunden. Der Inselcharakter wird so mit den öffentlichen Verkehrsmitteln weiter zementiert, statt ihn aufzulösen. Und damit bleibt auch den Menschen des Nordbahnviertels die Straßenbahnanbindung in den Norden und an die U6 verwehrt, die Buslinien 11A und 11B, die das derzeit leisten, sind trotz enger Taktung bereits jetzt oft überfüllt. Und das alles, obwohl 2015 bereits eine Anbindung der Straßenbahnlinie bis zum Friedrich-Engels-Platz präsentiert wurde. Das wäre nachhaltig, da mit dieser Führung Umsteigemöglichkeiten zur U6, zur  Schnellbahn und zu den Straßenbahnlinien 2, 31 und 33 gegeben wären. Die Schulkinder hätten mehr Auswahl für den Weg zur Schule, die Menschen im Nordbahnviertel wären dadurch sehr gut angebunden und das Öffi-Netz wäre für alle verdichtet.

zum 2. Teil geht es hier

Dieser Artikel ist auch auf https://nordbahnhof.wordpress.com erschienen.

Fotos: Beatrice Stude