Dort wohnen, wo andere parken!

Gemeinsam mit Raumstation und spaceandplace stellen wir uns die Fragen: Darf man den Begriff der Wohnstraße eigentlich wörtlich nehmen? Inwieweit dient die Wohnstraße als gleichberechtigter Treffpunkt und Begegnungsort für alle? Eignet sich die Wohnstraße etwa tatsächlich, um Ball zu spielen oder mit dem Fahrrad nebeneinander zu fahren? Lassen sich die Wünsche und Bedürfnisse der unterschiedlichen Nutzer wie Spielende, Plaudernde, Radelnde oder Autofahrende überhaupt auf einen Nenner bringen?

Das probierten wir letztens aus – auf einer Wohnstraße im 2.Bezirk.

Und ja, es war eine Erfahrung und ein toller, spannender, neuer Ort – zum Karten-, oder Trampolino spielen, zum Straßen malen, Fahrradfahren und Tempelhüpfen.

Der ruhigste und gemütlichste Ort ist es allerdings nicht gewesen. Im Durchschnitt kam jede Minute ein Auto an uns vorbei, um einen Parkplatz zu suchen und dem wir Platz machten. Freilich fuhren die Autofahrenden vorsichtig an uns vorbei, doch wer kann schon im Auto in Schrittgeschwindigkeit mit 5km/h fahren, wie es das Gesetz vorsieht?

Das Spielen ist uns jedenfalls nicht vergangen – und morgen Freitag, 27.4.2018 wird wieder gespielt:

Zinckgasse / Goldschlagstraße im 15.Bezirk von 13-15 Uhr.
Komm vorbei und spiel mit!

Sicherheit kann ungesund sein Teil 2/2

Wir sind in Gefahr. Tagtäglich. Im Straßenverkehr, zu Haus, überall. Wirklich? Weit gefehlt. Die größte Gefahr für unser Leben geht von uns selbst aus. Unser Lebensstil bestimmt wie gut und wie lange wir leben. Ein wichtiger Aspekt davon ist, wie wir uns im Alltag bewegen. Die Gestaltung des öffentlichen Raumes und des Grätzls arbeitet zumeist gegen unseren Bewegungsdrang – Beobachtungen aus dem Alltag im Nordbahnhofviertel von Beatrice Stude. Teil 2.

Teil 1 lesen

Autoparken und Radparken

Autos sind Fahrzeuge. Sie parken auf der Straße oder in der Auto-Tiefgarage. Letztere haben immer eine direkte Zufahrt auf die Fahrbahn der Straße, das ist gesetzlich vorgeschrieben. Fahrräder sind auch Fahrzeuge. Sie parken im öffentlichen (Straßen-)Raum oder im Fahrradraum von Gebäuden. Im Nordbahnviertel gibt es einen Mangel an Abstellanlagen zum Radparken im öffentlichen Raum, wie die Karte der Radlobby, die Interessensvertretung für eine Verbesserung der Rahmenbedinungen im Alltagsradverkehr, zeigt. Fahrradräume sind zumeist nur indirekt über den Haupt- oder Nebeneingang der Gebäude zugänglich. Oftmals müssen mehrere Türen durchschoben werden. Häufig findet sich auch kein direkter Zugang zur Fahrbahn. Das verleitet die Menschen mit Fahrrad dazu, am Gehsteig bis zur nächsten Kreuzung zu fahren – nicht immer zur Freude der Menschen, die zu Fuß am Gehsteig unterwegs sind. Zudem sind die Fahrradräume in den Gebäuden meist überfüllt und des Öfteren werden Fahrräder gestohlen. Hier fehlt also die Sicherheit. Wer nicht jeden Morgen sein Fahrrad aus dem zu engen Fahrradraum herausfädeln will, weicht aus: auf Müllräume oder in die Auto-Tiefgarage – bis eine Räumungsaktion der Hausverwaltung kommt und die Fahrräder wieder weggeräumt werden müssen. Danach stellt sich die vermeintlich gelöste Frage erneut: Wohin mit dem Fahrrad?

Welche Sicherheit wollen wir zu Haus?

Wer nicht in den Müllraum oder die Auto-Tiefgarage ausgewichen ist, hat sich vielleicht einer Nische in seinem Flur zum Radparken bedient. Früher oder später ermahnt aber auch hier die Hausverwaltung zur Ordnung. Es läuft immer gleich ab: Ankündigung. Wegräumen. Begehung. Neben Fahrrädern sind das zumeist Kinderwagen, Schuhe und vieles mehr – unsere Mittel zum Transport. Und dann? Diese Regeln – uns auferlegt für den Brandschutz – dienen unserer Sicherheit, aber sie machen auch aus unseren Fluren kahle, wenig einladende und monofunktionale OrteLeeren Raum, den wir nach der Begehung langsam wieder nutzen – bewusst und unbewusst – aus Mangel an Platz oder aus Bequemlichkeit im Alltag. Denn wohin mit dem Fahrrad? Die eigene Wohnung dauerhaft zur Radgarage machen? Die Bike City – ein Wohnbau im Nordbahnviertel, der 2008 errichtet auf die Bedürfnisse für Menschen die Fahrrad fahren abgestimmt ist – zeigt, das Radparken im Flur funktioniert. Allerdings ist sie ein genehmigter Ausnahmefall, statt zum Nachahmen empfohlen.

In Wien, der 1,85 Millionen-Einwohner-Stadt, sterben jährlich 15 bis 20 Menschen bei Bränden. Trotz der geringen Zahl, wer kann schon dagegen argumentieren, wenn es um den Schutz von Menschenleben geht? Schwergängige Türen zum drückbelüfteten Stiegenhaus, die mit den Einkaufstaschen in der Hand und dem Fahrrad oder Kinderwagen in der anderen kaum zu öffnen sind. Kinderwägen im Erdgeschoss im Kinderwagenraum abzustellen, um dann Kind und Zubehör am Arm balancierend durch die schwergängigen Türen ins Stiegenhaus zu gelangen. Kinder selbst haben es schwer, ohne fremde Hilfe, das Haus zu verlasssen. Dies alles dient unserer Sicherheit.

In den Altbauten in Wien ist zumeist nur eine Tür, die Hauseingangstür zu durchqueren. Hier ist oft auch der Zugang zum Hof und damit zu Radabstellmöglichkeiten meist unverschlossen, also für Gäste zugänglich. Die Gäste, die mit Fahrrad ins Nordbahnviertel kommen, finden kaum Möglichkeiten im öffentlichen Raum. Im Gebäude ist der Fahrradraum verschlossen. Mein Besuch steht daher oft mit Fahrrad vor meiner Wohnungstür. Jedes Menschenleben ist bestmöglich zu schützen. Absolute Sicherheit gibt es nicht, hier wäre eine gesellschaftliche Diskussion, wieviel und welche Sicherheit es braucht, und wie alltagstauglich unsere Lebensräume zu gestalten sind, notwendig. Denn die bestehenden Gesetze und Normen, als auch Vorgaben der Versicherungen zwingen die PlanerInnen, die Bauherren, die Behörden, die Brandschutzbeauftragten und schließlich die Hausverwaltungen dazu – aus Haftungsgründen zu handeln.

Angebot und Verweilfreundlichkeit

Zu Fuß ist es da vielleicht doch schneller. Kein Fahrzeug, das geholt werden muss. Doch es stellt sich schnell die Frage: Wohin zu Fuß? Das Nahversorgungsangebot im Nordbahnhofviertel ist sehr reduziert. Die Alltagserledigungen, Freunde-Treffen abends in Lokalen und vieles mehr muss oft außerhalb des Viertels stattfinden. Das reduziert die Zeit, die die Menschen im eigenen Grätzl verbringen. Zeit, die fehlt, die Nachbarschaft besser kennenzulernen. Beziehungen und damit Gemeinschaften aufzubauen und zu erhalten. Die Wege aus dem Grätzl sind zu weit fürs Zufußgehen. Bleiben die Wege zu den Haltestellen des öffentlichen Verkehrs, die zu Fuß zurückgelegt werden. Die U-Bahn-Stationen der U1 sind aus dem nördlichen Nordbahnviertel weit, die Buslinien dorthin eng getaktet, doch der Weg zu Fuß ist meist schneller. Rein rechnerisch. Gefühlt eher länger. Eine Straße sollte einem Mensch, der zu Fuß unterwegs ist, alle fünf Sekunden interessante Abwechslung bieten, so empfiehlt es der dänische Stadtplaner Jan Gehl. Monotonie lässt uns schneller gehen, ihr wollen wir entfliehen. Gefühlt verstreicht mehr Zeit ohne Abwechslung. Die Sockelzonen und Erdgeschosse im Nordbahnviertel bieten wenig Abwechslung. Der helle Pflasterbelag, der attraktiver als dunkler Asphalt unter den Füßen sein dürfte, kann fehlende Belebung nicht ersetzen.

Viele Menschen legen den Weg zur U-Bahn-Station mit ihrem Fahrrad zurück. Ihr Weg führt nicht selten durch den Rudolf-Bednar-Park, da hier auch die Ampeln in der Vorgartenstraße umgangen werden können. Schilder verbieten das Radfahren im Park. Es zu erlauben würde weit mehr dem gelebten Alltag im Park entsprechen – natürlich unter Rücksichtnahme auf alle Menschen die sich dort aufhalten.

Angekommen an der U1-Station Aufgang Radingerstraße, sind die Abstellanlagen zum Radparken meist überfüllt. Zudem untersagen die Wiener Linien das Parken mit Fahrrädern an den Geländern ihrer U-Bahn-Aufgänge. Zugunsten all jener Menschen, die diese Geländer zur Orientierung brauchen. Das ist zu befürworten, wenn diese ohne Fahrräder dann nicht immer noch gegen Zeitungsständer oder gar gegen Verkehrsschilder laufen würden. Vor kurzem wurden hier zusätzliche Abstellanlagen zum Radparken seitens des Bezirkes geschaffen. Damit hat sich die Situation hier entspannt, während am Aufgang der Vorgartenstraße jedoch gar keine Abstellanlagen zum Radparken direkt beim Aufgang vorhanden sind. Menschen zu Fuß, die zumeist dann den öffentlichen Verkehr nutzen, teilen sich den sehr begrenzten Raum, während daneben von den Fahrbahnen viel Platz eingenommen wird.

Wer einmal auf dem Fahrrad sitzt, ist dann doch verleitet einfach weiter zu radeln. Denn bis vor die Haustür fahren, das schafft nur das Fahrrad in der Stadt. Das ist komfortabel und spart Zeit. Und so ganz nebenbei tut es dem Herzen und dem Kreislauf gut.

Resümee

  1. Autopräsenz reduzieren und den öffentlichen Raum stattdessen attraktiv und durchwegbar gestalten – fuß- und fahrradgerecht.

  2. StVO-Festlegungen nutzen, wie Wohn- und Fahrradstraße, als auch Begegnungszone, und danach ausgestalten.

  3. Öffentlichem Verkehr nachhaltig für alle planen und umsetzen.

  4. Umlernzeitfenster für nachhaltige Mobilität in der Stadtentwicklung nutzen und frühzeitig kurze Wege und gute Anbindung an die Öffis schaffen, sowie diese auch während der weiteren Entwicklung aufrechterhalten.

  5. Radparken Autoparken gleichstellen und Quantitäten als auch Qualitäten, wie sichere Absperrmöglichkeiten und barrierefreie direkte Zugänglichkeit gesetzlich vorschreiben.

  6. Alltagstauglichkeit und Sicherheitsbedürfnisse in gesellschaftlichem Diskurs ausbalancieren, sodass unsere Lebensräume nicht zunehmend von Haftungsgründen definiert werden.

  7. Angebote im Grätzl schaffen, sodass Menschen mehr Zeit im Grätzl verbringen und mehr zu Fuß gehen und mit dem Fahrrad fahren.

  8. Verbote und Gebote prüfen und an Alltagsrealität anpassen, wie beispielsweise das Radfahrverbot im Park, um Rücksichtnahme statt Beharren auf dem Einhalten von Regeln zu fördern.

  9. Schnittstellen, wo Verkehrsmittel gewechselt werden besonders auf die Nutzerbedürfnisse ausgestalten, wie beispielsweise das nahe Umfeld einer U-Bahn-Station.

So manche Sicherheitsmaßnahmen, die isoliert betrachtet ihre Berechtigung haben, halten uns in Summe mit anderen davon ab, uns im Alltag zu bewegen. Aktive Mobilität, Zufußgehen und mit dem Fahrrad fahren, werden erschwert. Dabei sind sie wichtiger Bestandteil eines gesunden Lebensstils, der unsere Lebenqualität erhöht und unser Leben verlängert.

zur Autorin

Beatrice Stude ist Stadtplanerin und lebt seit über 5 Jahren im Nordbahnviertel. Sie engagiert sich in der Interessensgemeinschaft Lebenswerter Nordbahnhof für ihr Grätzl. Als leidenschaftliche Radfahrerin war sie einige Jahre im Vorstand der Radlobby Wien, als auch der Radlobby Österreich engagiert. Infolge ihrer verschiedenen Aktivitäten, als auch der langjährigen Tätigkeit für einen großen Bauträger vor ihrer Selbständigkeit, und ihrer aktuellen Unterstützung beim F&E Projekt Mischung: Nordbahnhof bringt sie vielschichtige Aspekte, die auf den öffentlichen Raum und seine Belebung einwirken, mit ein.


Fotos: Beatrice Stude

Dieser Artikel ist auch auf https://nordbahnhof.wordpress.com erschienen.

 

Sicherheit kann ungesund sein! Teil 1/2

Wir sind in Gefahr. Tagtäglich. Im Straßenverkehr, zu Haus, überall. Wirklich? Weit gefehlt. Die größte Gefahr für unser Leben geht von uns selbst aus. Unser Lebensstil bestimmt wie gut und wie lange wir leben. Ein wichtiger Aspekt davon ist, wie wir uns im Alltag bewegen. Die Gestaltung des öffentlichen Raumes und des Grätzls arbeitet zumeist gegen unseren Bewegungsdrang – Beobachtungen aus dem Alltag im Nordbahnhofviertel von Beatrice Stude. Teil 1.

 
Nach Stockholm ist Wiens Straßenverkehr der zweitsicherste Europas, noch vor Kopenhagen und Amsterdam. 19 Personen starben 2016 im Straßenverkehr in Wien. Die Gefahr, sich selbst umzubringen liegt 10-mal höher. Ermordet wurden im selben Jahr 12 Menschen. Jeder Todesfall ist tragisch, jedoch sind diese Todesfälle gerechnet auf die 1,85 Millionen Menschen, die in der Hauptstadt leben, gering. Woran sterben die Menschen in Wien? Zu über 95 Prozent sind Krankheiten die Todesursache. An erster Stelle, mit über 40 Prozent, stehen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, gefolgt von Krebserkrankungen. Die Gefahr in Wien an einer Krankheit zu sterben liegt damit 800 Mal höher als der Tod im Straßenverkehr. Für Menschen unter 65 Jahre liegt sie immerhin noch rund 130 Mal höher. Die bislang stetig ansteigende Lebenswartung ist 2015 in Österreich und im Durchschnitt der den EU-28-Staaten laut Eurostat erstmals leicht rückläufig. Heutzutage ist das Überleben häufig keine Frage der Medizin mehr, sondern des Lebensstils: Bewegung ist da ein wichtiger Faktor. Doch wie bewegen sich die Menschen in Wien? Welche Verkehrsmittel wählen sie? 27 Prozent ihrer Wege legten die Menschen 2016 mit dem Auto zurück, besagt der Modal Split, die Verteilung des Transportaufkommens auf verschiedene Verkehrsmittel in der Verkehrsstatistik. Gleich viele Menschen waren zu Fuß unterwegs. Der größte Anteil, 39 Prozent, nutzte öffentliche Verkehrsmittel, die Wenigsten fuhren Fahrrad. Nur ein gutes Viertel der Wiener Bevölkerung fährt also Auto und dennoch dominiert das Auto unseren öffentlichen Raum: asphaltierte Fahrbahnen gesäumt von parkenden Autos. Verkehr wird von vielen Menschen mit Autoverkehr gleichgesetzt. Kaum verwunderlich. Das Auto hat eine hohe Präsenz in unseren Köpfen. Diese Präsenz wird durch den autogerecht gestalteten öffentlichen Raum aufrechterhalten und immer wieder erneuert.
 

Barrierefreiheit und Flüssigkeit der Verkehre

Im Nordbahnviertel zerschneidet das Raster des öffentlichen (Straßen-)Raumes mit tieferliegender Fahrbahn die stufenfreien und kurzen Wege der vielen durchwegbaren „Innenhöfe“. Fahrbahnen für Autos die oft gesäumt sind von Parkbuchten für Autos, etwas aufgelockert durch Baumscheiben. Gemeinsam bilden sie eine Barriere und verwehren den direkten Zutritt vom Gehsteig auf die Fahrbahn. Sie zwingen Umwege zu gehen. Selbst die fußläufige Verbindung zur Bushaltestelle bei der Pensionsversicherungs-anstalt (PVA), die nördlich entlang des Pflegewohnhauses verläuft, mündet direkt auf eine Baumscheibe. Wer eine Lücke findet, steigt eine hohe Stufe hinab auf die Fahrbahn, um diese zu überqueren. Hohe Bordsteinkanten dienen dem Schutz der Menschen zu Fuß, doch dienen sie vor allem der Flüssigkeit des Autoverkehrs. Es ist eine Einladung zum schnelleren Fahren. Selbst die Fußgängerzone in der Ernst-Melchior-Gasse ist dieser „allgemeinen Ordnung des Straßenraumes im Nordbahnviertel“ unterworfen: Gehsteig mit begleitender Grünfläche mit hoher Bordsteinkante, Fahrbahn und wieder Gehsteig mit hoher Bordsteinkante. Abgesenkte Zugänge zur Fahrbahn gibt es zumeist nur an den Kreuzungen, im Abstand von nicht selten über 100 Metern. Dies bedeutet weitere Umwege für all jene, die stufenlos unterwegs sein wollen oder müssen: wie Menschen mit Kinderwagen, Einkaufstrolley, Rollstuhl oder Fahrrad. Die abgesenkten Bordsteine der Zufahrten zu Auto-Tiefgaragen oder zu Müllräumen verbessern diese Taktung ein wenig. Dabei kennt die Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) durchaus Festlegungen, die der Flüssigkeit der anderen Straßenverkehre dienen, derer ohne Autos: Wohnstraßen und Begegnungszonen, Paragraf 76b und 76c, dienen insbesondere der Flüssigkeit des Fußgängerverkehrs. In erster ist Schrittgeschwindigkeit, in zweiter Tempo 20 vorgeschrieben. Radfahren ist in beiden erlaubt, als auch das Zu- und Abfahren mit Autos. Darüber hinaus gibt es die Fahrradstraße in der StVO, Paragraf 67, die der Flüssigkeit des Fahrradverkehrs dient und Tempo 30 vorschreibt. Auch hier ist das Zu- und Abfahren mit Autos erlaubt. Fahrräder haben aber stets Vorrang.
Im neu gebauten Nordbahnviertel sind keine Wohnstraßen, Begegnungszonen oder Fahrradstraßen zu finden, einzig Fußgängerzonen. Dabei sind große Teile des Viertels Tempo-30-Zonen, auch die Vorgartenstraße. In Begegnungszonen und Wohnstraßen dürfen Menschen zu Fuß die gesamte Fahrbahn benützen beziehungsweise auf ihr Spielen, abseits dieser besonders Festlegungen für den Straßenraum dürfen Menschen, die zu Fuß unterwegs sind Fahrbahnen nur zum Queren Betreten.

Die Verkehrsführung sieht an sich vor, dass Durchgangsverkehr für Autos unterbunden und damit der Autoverkehr im Grätzl reduziert wird. Trotzdem gibt es zwei Ampeln, beide in der Vorgartenstraße. Allerdings warten die Menschen mit oder ohne Fahrzeug an der Ecke Haussteinstraße oftmals ganz einsam auf ihr Grün.

Diese Ampel war für die dort geplante Buslinie vorgesehen. Diese verläuft heute anders. Es heißt, dass Einige die Bushaltestelle vor ihrem Haus nicht wollten, während Andere sie gern direkt vor der Haustür behalten wollten. Es wäre eine Option diese Ampel auszuschalten, bis der Bedarf für eine ampelgeregelte Kreuzung gegeben ist. Denn jene Kreuzung könnte mit Vorfahrtsregel und allseits umlaufenden Fußgängerüberwegen von allen schneller passiert werden. Die zweite Ampel Ecke Walcherstraße hat zumeist ein Verkehrsaufkommen, dass die Ampelregelung rechtfertigt, hier führen auch zwei Buslinien über die Kreuzung.

Eine Insel mitten in der Stadt

Das Nordbahnviertel ist im Südosten durch die hohe Barrierewirkung der Lassallestraße und im Westen durch die Bahntrasse der Schnellbahn von den angrenzenden Vierteln abgeschottet und erhält dadurch einen Inselcharakter.

Seit über sechs Jahren ist über die Länge von eineinhalb Kilometern kein offizielles Durchkommen unter dieser Bahntrasse zu den Nahversorgungsangeboten und Lokalen im Allierten- und Afrikanerviertel als auch weiter zum Donaukanal. Die Wegstrecken sind doppelt bis vierfach so lang wie die Luftlinie. Auf der anderen Seite zur Donau hat sich etwas getan. Seit Mai 2015 hat das Nordbahnviertel mit dem Judith-Deutsch-Steg eine Direktanbindung für Menschen zu Fuß und mit Fahrrad an das rechte Donauufer als Naherholungsgebiet.

Menschen sind Gewohnheitstiere. Natürlich schließt dies mit ein, wie wir uns tagtäglich bewegen. Doch verändert sich unsere Lebenssituation, wenn wir in eine neue Wohnung ziehen oder in einer neuen Arbeitstätte beginnen. Dies sind Zeitfenster, in denen wir leichter Umlernen könnten: zu Fuß gehen, mit dem Fahrrad fahren oder in die Öffis statt ins Auto zu steigen. Monate und Jahre später tun wir uns wieder schwerer. Zeitfenster für das Umlernen von nachhaltigem Mobilitätsverhalten werden von der Stadtentwicklung noch zu wenig unterstützt: Kurze Wege frühzeitig errichten und während der weiteren Bebauung freihalten, als auch öffentlichen Verkehr wie Straßenbahn- und Buslinien frühzeitig in Betrieb nehmen.

Die Entwicklung und Bebauung des Geländes des ehemaligen Nordbahnhofes wurde ausgehend von der Lassallestraße und dem Praterstern – von Süden her entwickelt. So ist es wenig verwunderlich, dass es bislang im Norden noch keine offizielle Anbindung an die Innstraße gibt. Die Innstraße ist auch die Bezirksgrenze, der Wechsel der Zuständigkeiten.

Dieser könnte mitverantwortlich dafür sein, dass die geplante Straßenbahnlinie O nicht in den nördlich angrenzenden 20. Bezirk weitergeführt werden soll. Denn eine Straßenbahnführung braucht Raum. Straßenraum, der jetzt Fahrbahnen und Parkplätze für Autos bietet. Dabei dürfte mehr Präsenz von Straßenbahnen im öffentlichen Raum die Autopräsenz in unseren Köpfen etwas reduzieren. Die Straßenbahnlinie O führt 2020 vom Praterstern zum Bildungscampus – dem dann größten Schulkomplex der Stadt – und über eine Schleife wieder retour. Der bereits errichtete Bildungscampus Gertrude-Fröhlich-Sandner ist derzeit ebenfalls nur über eine Schleife der Buslinie 82A an den Praterstern angebunden. Der Inselcharakter wird so mit den öffentlichen Verkehrsmitteln weiter zementiert, statt ihn aufzulösen. Und damit bleibt auch den Menschen des Nordbahnviertels die Straßenbahnanbindung in den Norden und an die U6 verwehrt, die Buslinien 11A und 11B, die das derzeit leisten, sind trotz enger Taktung bereits jetzt oft überfüllt. Und das alles, obwohl 2015 bereits eine Anbindung der Straßenbahnlinie bis zum Friedrich-Engels-Platz präsentiert wurde. Das wäre nachhaltig, da mit dieser Führung Umsteigemöglichkeiten zur U6, zur  Schnellbahn und zu den Straßenbahnlinien 2, 31 und 33 gegeben wären. Die Schulkinder hätten mehr Auswahl für den Weg zur Schule, die Menschen im Nordbahnviertel wären dadurch sehr gut angebunden und das Öffi-Netz wäre für alle verdichtet.

zum 2. Teil geht es hier

Dieser Artikel ist auch auf https://nordbahnhof.wordpress.com erschienen.

Fotos: Beatrice Stude

Fotoaktion für Petition „Schulstraßen“ in der Kleinen Sperlgasse

Gemeinsame Fotoaktion heute mit der Direktorin der Kleinen Sperlgasse, den Elternvertretern, sowie einem Mitarbeiter der Bezirksvertretung und geht-doch.wien.

Wir sind uns alle einig:
Die kleine Sperlgasse soll eine Schulstraße werden – damit die Kinder die Möglichkeit haben sicher, selbstständig und selbstbewusst ihren Weg zur Schule alleine zurückzulegen.
Wir sind gespannt, ob sich damit Wien – nach Salzburg,Bregenz und Graz – dem allgemeinen Ruf nach Verkehrsberuhigung vor Schulen anschließt.

Bitte unterzeichnet dafür auch unsere Online-Petition für Schulstraßen in Wien (mittels Handysignatur unterschreiben), je mehr Menschen unterzeichnen, desto mehr Durchsetzungskraft haben wir.

Wollt ihr ebenfalls eine Schulstraße bei eurer Schule durchsetzen, meldet euch bitte bei uns – wir unterstützen euch gerne!

Petition: „Temporär autofreie Zonen vor Schulen“

Viele Eltern bringen ihre Schulkinder morgens mit dem Auto zur Schule – aus Angst um ihre Sicherheit im Morgenverkehr. Damit gefährden sie sie jedoch mehr, weil sie zu Stau und Verkehrschaos beitragen. Durch Vermeidung von Elterntaxis direkt vor Schulen wird der Schulweg sicherer und die Selbstständigkeit der Schüler im Straßenverkehr gefördert. Wir fordern den Gemeinderat, den Wiener Stadtschulrat und die Bezirke auf, temporär autofreie Zonen vor Schulen bis 2020 in jedem Bezirk umzusetzen.

Jede Unterschrift zählt – hilf uns 500 Unterschriften zu sammeln.

Online: via Handysignatur auf der Petitionsplattform der Stadt Wien ganz einfach zu unterzeichnen.

Offline: Drucke die Petition aus, und motiviere deine Freunde*innen und Bekannte auch ihre Unterschrift abzugeben. Wir freuen uns, die ausgefüllten per Scan oder Post an unsere Adresse zu erhalten.

Nationalratswahl 2017: Wie sehr wollen sich die einzelnen Parteien für das „Zufußgehen“ einsetzen?
Wir haben nachgefragt – lest hier die Antworten der Parteien:

(Die Antworten der Parteien sind nach dem Zufallsprinzip angeordnet!)

1.) Zu-Fuß-Gehen wirkt sich positiv auf Gesundheit und Gesellschaft aus und hilft obendrein, Budgets zu entlasten. Was gedenken Sie zu tun, um das Zu-Fuß-Gehen in Städten und Gemeinden zu fördern? Welche konkreten Maßnahmen werden Sie umsetzen? Link zu Masterplan Gehen (https://www.bmvit.gv.at/) und Nationalen Aktionsplan Bewegung (https://www.bmgf.gv.at/home/)

Antwort KPÖ:
Unser Wahlprogramm enthält die sofortige und nachhaltige Förderung des Zu-Fuß-Gehens: „KPÖ PLUS will sofortige Maßnahmen gegen die Klimakatastrophe und eine nachhaltige Veränderung der Produktions-, Verkehrs- und Energiepolitik“, weiters die Priorität von kurzen Wegen, die gegangen werden können: „Wir wollen eine nachhaltige Veränderung hin zu einer modernen und ökologischen Raumordnung, die Nahversorgung und Teilhabe für alle gewährleistet“ und die „Förderung der sanften Mobilität“: http://www.kpoeplus.at/programm/

Konkrete Maßnahmen, die wir als prioritär dafür erachten und auf lokaler Ebene vorantreiben wollen, sind:
– Infrastrukturverbesserungen im bestehenden Fußwegenetz: Lückenschluß von fehlenden Gehsteigen/Gehwegen, Anbindung an Radwegenetz, den Öffentlichen Verkehr, Wohngebiete, Arbeitsstätten und Freizeitbereiche sowie die Sicherstellung ausreichender Mindestbreiten für Gehsteige und andere für FußgängerInnen nutzbare Verkehrsflächen (z.B. gemischte Rad- und Gehwege), die Öffnung von Durchgängen, kurze Ampelwartezeiten, Aufenthaltsqualität (z.B. Begrünung, Sitzbänke)
– FußgängerInnen-freundliche Raumplanung, sofort verwirklichbar in Neubaugebieten
– Allgemeines Tempo 30 im Ortsgebiet, das durch bauliche Maßnahmen ermöglicht wird
– Priorität der Anbindung des Fußwegenetzes an Gebäude gegenüber anderen Verkehrsmitteln
– Zwingende Einhaltung der von der EU vorgeschriebenen Grenzwerten für Lärm-, Feinstaub- und Abgas-Emissionen entlang von Fußwegen indem der motorisierte Individualverkehr durch kommunale Maßnahmen eingedämmt wird.
– Um Vision Zero zu erreichen, sind bauliche Maßnahmen für Geschwindigkeitsbeschränkungen und freie Sichtfelder notwendig, damit die häufigen Kollisionen aus dem Grund „FußgängerIn wurde übersehen“ verhindert werden.

Antwort ÖVP:
Konkrete Maßnahmen zur Verbesserung und Attraktivierung der Rahmenbedingungen für Fußgängerinnen und Fußgänger können unmittelbar in den Städten und Gemeinden umgesetzt werden. Durch die Einführung der Begegnungszonen wurde beispielsweise von bundespolitischer Seite eine weiter Möglichkeit geschaffen.

Antwort GRÜNE:
Es ist im Wesentlichen alles bekannt: Der Masterplan Gehen beschreibt es in 26 konkreten Maßnahmen. Man muss es nur tun! Dass eine wichtige Grundlage wie dieser Masterplan jahrelang ohne Umsetzungsaktivitäten verstaubt, ist umsomehr ein Armutszeugnis für die Verantwortlichen, als wir ja alle – auch alle, die über ein Kfz verfügen – jedenfalls auch zu Fuß gehen. Mir persönlich sind wichtig: attraktive Gehsteigbreiten, Fußgänger- und Begegnungszonen, fußgängerfreundliche Ampelschaltungen, attraktive Fußwegachsen abseits des MIV und vor allem eine Raumordnung und Flächenwidmung, die das Zu-Fuß-Gehen aktiv unterstützen.

Antwort NEOS:
Wir NEOS teilen Ihre Analyse voll und ganz und würden diesbezüglich sogar noch weiter gehen: Die Städte derart auf den individuellen Autoverkehr auszurichten war ein strategischer Fehler, für dessen Behebung wir noch einige Jahrzehnte brauchen werden. Der Fahrradverkehr findet in den letzten Jahren zwar vermehrt Beachtung, die Fußgänger_innen wurden politisch bis zuletzt jedoch stiefmütterlich behandelt

In den 2010er Jahre wurden im durchschnittlichen österreichischen Haushalt vor allem auf den Verkehrsträger Auto gesetzt, insbesondere in monetärer Hinsicht. Die Verteilung im durchschnittlichen Haushaltsbudget sah – laut Statistik Austria – folgendermaßen aus: 13,2% für Autos, 10,7%[1] für Kinder und 0,8% für Bildung[2].m_-3732089653937505692__ftn2 D.h.: Es gab eine Schwerpunktsetzung auf kurzfristige Zeitersparnis. Nicht zu unterschätzen sind jedoch die finanzielle Belastung, die ein Auto für viele Bürger_innen bedeutet: Jeder Bürger arbeitet mehrere Wochen nur für sein Auto. Zeit, die für geistige Mobilität (z.B.: der Kinder) nicht mehr zur Verfügung steht.

V3 – Vermeiden, Verlagern und Verbessern – stehen wir grundsätzlich positiv gegenüber. Deren Umsetzung erfolgt jedoch nicht in ausreichender Geschwindigkeit.

Den Plänen des Masterplans Gehen stehen wir sehr positiv gegenüber. Es sollte aber grundsätzlich nicht übersehen werden, dass die wichtigsten Parameter die Raumplanung und die öffentliche Infrastruktur darstellen. Denn wenn die Wege zu lang sind, wird Gehen zwar nicht aus dem Modalsplit verschwinden, es bleibt aber nur die Überbrückung.

Wenn typische Wege kürzer sind, werden sie eher zu Fuß zurückgelegt. Subzentren sind also wünschenswert, denn die durchschnittliche durchgehende Gehdistanz liegt bei 1,6 km. Wenn sich die Distanz von typischen, alltäglichen Wegen erhöht, wird erfahrungsgemäß auf ein anderes Verkehrsmittel zurückgegriffen.

SPÖ: keine Antwort

FPÖ: keine Antwort

GiLT:  haben geantwortet, wollen die Entscheidung aber als „direkte Demokratie“ den WählerInnen überlassen.

Die Weißen: haben geantwortet, wollen die Entscheidung aber als „direkte Demokratie“ den WählerInnen überlassen.

2.) Zu-Fuß-Gehende sind die schwächsten Verkehrsteilnehmer, gleichzeitig geht von ihnen am wenigsten Gefahr aus und sie verbrauchen am wenigsten Ressourcen. Wie gedenken Sie den Fußverkehr in Verwaltung, Gesetzgebung und Infrastruktur besser zu fördern?

Wie stehen Sie dazu, dass:
– Zu-Fuß-Gehende in der STVO nicht als Verkehrsteinehmende definiert sind?
– dass das „unbegründete Stehenbleiben“ sowie das Spielen, selbst auf Gehsteigen, verboten ist?
– bislang keine bundesweiten Förderungsmaßnahmen für das Zu-Fuß-Gehen stattfinden?

Antwort NEOS:
Über eine entsprechende Definition kann man jedenfalls diskutieren, wir NEOS würden eine solche Debatte jedenfalls begrüßen. Wichtiger erscheint mir aber sichere Verkehrsbedingungen zu schaffen, die, falls es sich als sinnvoll erweisen sollte, jedenfalls auch eine Definition von Fußgänger_innen als Verkehrsteilnehmer_innen enthalten kann. Über die möglicherweise beschränkte Wirkung juristischer Definitionen alleine sollte man sich jedoch im Klaren sein. Die Anzahl der Verkehrstoten beträgt seit den 1960er Jahren erschütternde 82.000. Nicht in allen Fällen helfen also klare Regeln.

Die von Ihnen genannten Tatsachen zur StVO sind bezeichnend für den geringen Stellenwert der Fußgänger. Wir haben aber auch gelernt, dass die gewollte Trennung von Auto- und Fußverkehr nicht immer nötig ist. Begegnungszonen können in machen Verkehrssituationen sehr sinnvoll sein.

Antwort ÖVP:
Das wichtigste für Fußgängerinnen und Fußgänger ist die Sicherheit und ein möglichst geordnetes miteinander alle Verkehrsteilnehmer. Weiteren interessanten Vorschlägen stehen wir offen gegenüber. Das Spielen auf Gehsteigen birgt, neben dem Sicherheitsaspekt, auch eine erhöhte Komplexität bei der Bewerkstelligung eines reibungslosem Miteinanders.

Antwort KPÖ:
– Zur Förderung des Fußverkehrs in der StVO (Bereich Verwaltung/Gesetzgebung): befürworten wir eine generelle Bevorrangung von FußgängerInnen gegenüber Fahrzeugen in Mischverkehr (z.B. Geh- und Radwege) und Kreuzungssituationen, wo dies nicht bereits in der StVO gewährleistet wird. Dies würde implizit Zu-Fuß-Gehende als VerkehrsteilnehmerInnen definieren.

– Die Fußverkehr-Infrastruktur obliegt den Kommunen, dazu verweisen wir auf unsere Antwort zu Frage 1.

– Die StVO sollte entlastet werden von anachronistische Vorschreibungen, wie sich Menschen auf Gehsteigen zu verhalten hätten. Dafür soll das Radfahren von Kindern bis 12 Jahren am Gehsteig erlaubt werden.

– Bundesweite Förderungsmaßnahmen sehen wir in einer Zu-Fuß-Gehende priorisierenden StVO, sowie Vorgaben für Infrastruktur in den Richtlinien für Verkehr- und Straßenbau

Antwort GRÜNE:
Wir Grüne haben uns im Zusammenhang mit dem generell beträchtlichen StVO-Reformbedarf stets auch für das Überdenken längst unzeitgemäßer Schikanierungs-Paragraphen stark gemacht. Die meisten derartigen Bestimmungen wurzeln in dem Missverständnis, dass die Straße im wesentlichen Fahrbahn und  – mit Prof. Knoflacher gesprochen – Maschinenhalle ist statt eben der Raum zwischen den Häusern oder Liegenschaften, der in erster Linie öffentlicher Raum ist und wieder werden muss. Der größte Unsinn ist das „unbegründete Stehenbleiben“, das zudem ja hauptsächlich für verkehrsfremde Zwecke – Wegweisung und Bestrafung „unbeliebter“ sozialer Gruppen wie Obdachlose oder BettlerInnen – missbraucht wird. Stehenbleiben vor einem Schaufenster – erlaubt oder nicht? Ein Gespräch mit Bekannten am Gehsteig führen – erlaubt oder nicht? Hier ist der Willkür Tür und Tor geöffnet, wir treten seit langem für die ersatzlose Streichung ein. Ähnlich entbehrlich ist die „Rechts-Geh-und-Links-Überhol-Vorschrift“ für FußgängerInnen in § 76 Abs 2 StVO. Auch unnötig restriktive und praxisferne Bestimmungen rund ums Kinderradfahren und das „fahrzeugähnliche Kinderspielzeug“ – wie dass Kinder am Gehsteig nicht einmal mit dem Miniscooter in die Schule rollern dürfen – müssen endlich überarbeitet werden.
Den Fußverkehr rechtlich wie auch finanziell zu fördern ist in Zeiten von Klimawandel und Abgasproblemen ein Gebot der Stunde. Die dafür notwendigen Veränderungen in Verwaltung, Gesetzgebung und Infrastruktur kommen dann, wenn die „Hierarchie“ in allen Verkehrsplanungsabteilungen auf den Kopf gestellt wird. Zuerst kommt der öffentliche Raum und seine sichere Nutzung, zuerst kommen umwelt- und klimafreundliche Verkehrsformen. Was brauchen Öffis, Zu-Fuß-Gehende, Rad Fahrende? Wichtig scheint uns und mir vor allem eine Rückbesinnung auf das, was Stadt oder Siedlung einmal waren – Gebilde der kurzen Wege, voll von Fußwegachsen. Kfz-zentrierte Verkehrsplanung hat diese Achsen oft geschlossen und das Eigentum an diesen Flächen privatisiert. Moderne Stadt- und Dorfplanung versucht, viele Fußwegachsen wieder zu schaffen und diese attraktiv zu führen. Denn die Botschaft: Geh zu Fuß, du bist schnell und hast attraktive und sichere Wege, halte ich für entscheidend.

SPÖ: keine Antwort

FPÖ: keine Antwort

GiLT:  haben geantwortet, wollen die Entscheidung aber als „direkte Demokratie“ den WählerInnen überlassen.

Die Weißen: haben geantwortet, wollen die Entscheidung aber als „direkte Demokratie“ den WählerInnen überlassen.

3.) Mit dem Argument höherer Sicherheit bringen zahlreiche Eltern ihre Kinder mit dem Auto zur Schule. Sie erhöhen auf diese Art jedoch nicht die Sicherheit ihrer Kinder, sondern steigern im Gegenteil die Unfallgefahr für diese und tragen zu Stau und Verkehrschaos bei.

Schulstraßen – temporär autofreie Zonen vor Schulen zu Schulbeginn/Schulschluss – werden derzeit in den Medien thematisiert, sind in Südtirol aber schon seit Jahrzehnten erfolgreich [http://www.klimabuendnis.at/].

Setzen Sie sich für die Umsetzung von Schulstraßen – also temporär autofreie Zonen vor Schulen zu Schulbeginn/Schulschluss ein? Welche Form stellen Sie sich darunter vor und in welchem Ausmaß wollen Sie Schulstraßen in der nächsten Legislaturperiode realisieren? (Unter https://geht-doch.wien/aktuelles/ finden Sie eine Petition für die Einrichtung von Schulstraßen)

Antwort GRÜNE:
Die einleitende Einschätzung zu den Sicherheitsrisiken des weitgehend motorisierten „Bringverkehrs“ zu Schule und Kindergarten teilen wir. Davon abgesehen legen auch viele LehrerInnen großen Wert darauf, dass die SchülerInnen zu Fuß in die Schule gehen. Der Grund: Auf dem Schulweg werden schon viele Informationen ausgetauscht, das Zu-Fuß-Gehen macht die Kinder munter, sie beginnen den Unterricht aufgeweckter und aufmerksamer. Schulstraßen halten wir Grüne für eine sehr gute Idee, deren Wirkung in der Praxis wie erwähnt längst bewiesen ist – wenn wie jüngst in Baden derlei trotz Konsens aller Beteiligter trotzdem von einzelnen Behördenbürokraten verhindert werden kann, zeigt das, dass es auch bundespolitische Klärungen und Vorgaben braucht. In diesem Sinn volle Unterstützung von uns Grünen für die rasche Umsetzung überall dort wo möglich und zielführend!

Antwort ÖVP:
Grundsätzlich ist festzustellen, dass es auch viele Familien gibt, die Kinder auf Grund eines längeren Schulweges mit dem Auto in die Schule bringen müssen. Vor zahlreichen Schulen wurden Tempo-30 Beschränkungen eingeführt. Wir wollen grundsätzlich keiner Gemeinde, keinem Bezirk und keiner Stadt vorschreiben, wie sie mögliche Lösungen vor Ort, dazu gehören beispielsweise auch Schulstraßen, umsetzen sollen. Die Aufgabe des Bundes ist hier Rahmenbedingungen und Möglichkeiten zu schaffen, die Umsetzung liegt dann aber bei den Städten und Gemeinden.

Antwort NEOS:
Wie bereits bei Frage eins kann ich ihre Analyse nur teilen. Hier müssen entsprechende verkehrspolitische Anreize geschaffen werden. Wenn Fußwege unattraktiv sind, wird Autofahren attraktiver, verbraucht mehr Raum und macht zu Fuß gehen noch unattraktiver.

Ihr Vorschlag ist jedenfalls interessant und als temporärer Zwischenschritt jedenfalls zu diskutieren. Mittel- und langfristig müssen wir aber beginnen den unmittelbaren Lebensraum in die Mobilitätsplanung stärker einzubeziehen. Raum-, Stadt- und Verkehrsplanung müssen integriert passieren. Auch die Verschränkung von IKT-, Mobilitäts- und Energiesystemen können dabei hilfreich sein.

Die von Ihnen geschilderten Probleme sind Ausdruck eines verkehrspolitischen Missverhältnisses. Wichtig ist daher bei der zukünftigen Mobilitätsplanung einen ganzheitlichen Zugang zu gewährleisten.

Antwort KPÖ:
Wir finden es äußerst wichtig, dass der Bereich vor der und um die Schule zumindest zu den Beginn- und Endzeiten der Schule gefahrenfrei und angenehm gestaltet ist, da dort Hunderte SchülerInnen durchgehen bzw. aufhalten.

Eine Schulstraße definieren wir als einen temporär Kfz-befreiten Bereich (ausgenommen öffentliche Verkehrsmittel), der bis zur nächsten Kreuzung (oder 100m) reicht. Außerhalb davon werden Kiss+Ride Haltestellen eingerichtet, um das Aussteigen von per Kfz angelieferten Kindern zu ermöglichen.

Zur Errichtung von Schulstraßen (temporäres Fahrverbot) vor allen Schulen in Österreich werden wir die zuständigen Gemeinden auffordern. Zusätzlich werden wir Bewußtseinsbildung über Elterninformation und Unterrichtsmaterialien über das Bildungsministerium durchführen: In Schulbüchern sollen selbst zur Schule gehende Kinder die Normalität darstellen, öffentliche Verkehrsmittel eine Alternative für längere Wege darstellen.

Darüber hinaus sehen wir die z.B. in Wien erhältlichen „Schulwegpläne“ als eine Erhebung des Gefährdungsstatus von Schulkindern in Schulnähe, der anstatt der Belehrung der Kinder als Anleitung zur Behebung dieser Gefahrenquellen dienen soll.

SPÖ: keine Antwort

FPÖ: keine Antwort

GiLT:  haben geantwortet, wollen die Entscheidung aber als „direkte Demokratie“ den WählerInnen überlassen.

Die Weißen: haben geantwortet, wollen die Entscheidung aber als „direkte Demokratie“ den WählerInnen überlassen.

[1] Schätzung Friedl et al, sekundär zitiert. Knoflacher, H. „Zurück zur Mobilität“. 2013:22

[2] Wenngleich gerade in Österreich Bildung nicht ins Haushaltsbudget gerechnet wird weil wir mit Steuergeldern dafür bezahlen, welche nicht zum Haushaltsbudget gerechnet werden.

September 2017: geht-doch am Streetlife Festival 2017

geht-doch ist erstmals am Streetlifefestival am 16.+17. September 2017 mit dabei. (Wir freuen uns über Besuch, sowie jeden der aktiv dabei sein mag .)
In der anschließenden Mobilitätswoche wird gemeinsam mit INFOSCREEN in U-Bahnen und Öffentlichen Verkehrsmittel auf den Autofreien Tag am 22. September 2017 aufmerksam gemacht.
Haltet Ausschau danach und überlegt mal, ob ihr eurem Auto an diesem Tag nicht auch mal Pause geben wollt.