Eine ungemütliche Begegnungszone

Steinhofgründe - paradiesisch, aber zu Fuß kaum sicher zu erreichen.

Die Steinhofgründe an der Grenze von 14. und 16. Bezirk gelten zu Recht als eines von Wiens schönsten Naherholungsgebieten. Zu erreichen sind sie von der Feuerwache Steinhof im Norden oder, aus südlicher Richtung kommend, von der Baumgartner Höhe.

Wählt man den letztgenannten Weg, geht es von der 48A-Endstation zunächst durch die Sanatoriumstraße eine Gartensiedlung entlang. So weit, so schön, bis zur Ecke Dehnegasse.

Bild 1: Die Sanatoriumstraße Ecke Dehnegasse, von Süden kommend, rechts der Fußweg.

Die Strecke wird hier steiler und geländebedingt auch enger. Das bedeutet aber nicht, dass die Straße schmäler wird: Stattdessen endet hier der Fußweg im Nichts. Zwar besteht Tempo-30-Pflicht, die komfortable Fahrbahnbreite verleitet aber dazu, sich nicht daran zu halten. Eine enge Kurve macht die Sache für FußgängerInnen noch beklemmender. Eine „Begegnungszone“ stellt man sich anders vor.

Nach etwa 150 Metern kann man sich in einem parallel verlaufenden Waldweg in Sicherheit bringen. Ab da wird es wieder stressfrei, die Steinhofgründe sind fast erreicht.

Die Sanatoriumstraße in diesem Abschnitt ist breit genug, dass zwei entgegenkommende PKWs ohne abzubremsen aneinander vorbeifahren können. Für andere VerkehrsteilnehmerInnen ist da halt kein Platz mehr. Als FußgängerIn wird einem das Gefühl vermittelt, dass auf der Straße das Recht des Stärkeren gilt. Wer öfter in Wiens Peripherie unterwegs ist, weiß: alles andere als ein Einzelfall.

Bild 4: Platz ist hier nur für den motorisierten Verkehr.

Und dann erreicht man das autofreie Paradies:

Steinhofgründe - paradiesisch, aber zu Fuß kaum sicher zu erreichen.

Der Erdberger Steg muss bleiben!

Der Erdberger Steg ist kaputt.
Bisher war er schon stark frequentiert, zu schmal und an beiden Enden gab es sehr lange Wartezeiten an den Ampeln. Er ist die einzige Donaukanalquerung auf 1,5 km! Der Steg soll abgerissen werden und renoviert werden. Menschen zu Fuß und am Rad aus ganz Wien haben am Sonntag, dem 30. Mai 2021, gezeigt, wie wichtig ihnen der Steg ist.

Und: was passiert, wenn am Erdberger Steg die Covid19-Schutzmaßnahmen eingehalten werden. Da der 2m-Abstand dort keinen Begegnungsverkehr zulässt, kann eigentlich nur abwechselnd von einer Richtung gequert werden, die anderen müssen abwarten, bis der Steg wieder frei ist. Blockabfertigung so zu sagen, oder #staunachplan?

Die Radlobby Wien & geht-doch.wien fordern die Zuständigen – Verkehrsstadträtin Ulli Sima sowie die Bezirksvorsteher Alexander Nikolai (1020) und Erich Hohenberger (1030) – auf, die seit 15 Jahren bekannten Missstände zu beheben:

Unsere Forderungen:
– Verbreiterung des Erdberger Stegs auf zumindest 6 Meter
– Verringerung der Wartezeiten für Querung Erdberger Lände und Schüttelstraße
– Entflechtung der Kreuzung mit dem Radweg auf der Seite des 3. Bezirkes
– Alternativquerung ohne großen Umweg, z.B. Abriss erst nach Neuerrichtung
– Prüfung 6 m Breite für alle Fuß+Rad Donau(Kanal)Querungen (Vorbild Steinitzsteg)
– Verbindliche Pläne breiter Fuß+Radwege am Donaukanal v. S-Bahn-Stammstrecke abwärts
– Offenes Planungsverfahren mit Anrainer*innen und Fuß+Radinteressentengruppen

Online kann die #Petition ebenfalls unterzeichnet werden!

Social Spots – es geht – trotz Covid19!

Als ich von der Idee erfuhr, dass jemand ein Social-Spot Meeting in Zeiten der Corona-Krise plant, das von Vorschriften und Social-Distancing geprägt ist, war ich einerseits etwas skeptisch, aber trotzdem neugierig.

Viele Ideen schossen mir durch den Kopf: kann das funktionieren? – wie soll das funktionieren? – darf das denn überhaupt sein?

Gespannt was mich da erwarten würde, begab ich mich zu dem vereinbarten Treffpunkt am Donaukanal, gleich gegenüber der Adria.

Meine Skepsis wuchs noch mehr als ich merkte, wie viele Menschen den wunderschönen Sonntag ausnutzten um sich im Freien zu bewegen – „wo bitte sollten da mehrere Menschen bei dem Fußgänger- und Radfahreraufkommen noch Platz finden und dann auch noch den bekannten 1m Sicherheitsabstand wahren…und dann auch noch sozial interagieren?“

Und da sah ich sie auch schon – Sophie, die ich von der Fußgängerinitiative geht-doch.wien kenne und ihre Freundin Mini – und beide sah ich, wie sie mit Kreide geometrische Figuren auf den Boden malten.

Hmm…sah ein bisserl nach Pentagramm aus…Treffpunkt eines Hexenclubs?

Nein, gar nicht (obwohl schade, ich wollte immer schon mal echte Hexen treffen) – aber wie mir Sophie erklärte, handelte es sich um gleichseitige Dreiecke die so angeordnet sind, dass in diesem Fall sich bis zu 12 Personen treffen können und sogar ein Mindestabstand von 2m zu jeder (!) Person eingehalten werden kann – einfach genial.

Und auch die Kommunikation funktionierte hervorragend!

Aufgrund der Anordnung der Dreiecke bekam man gleich mehrere Gesprächsinhalte unterschiedlichster Teilnehmer mit und konnte sich verschiedentlich bei anderen Themen einbringen.

Auch meine Befürchtung, dass sich das mit der notwendigen Größe nie ausgehen konnte, wurde zerstreut. Der Treffpunkt war nämlich optimal gewählt – aufgrund des vorhandenen Kai-Vorsprungs ging sich das alles trotz des starken „Freizeitverkehrs“ wunderschön aus, sodass niemand durch unseren Social-Point gestört oder behindert wurde.

Und außerdem wurden wir zu einem beliebten Fotomotiv! Viele blieben extra stehen und zückten ihr Handy, um ein Bild von der sich ihnen bietenden Szene zu machen – und das sogar von der nahen Marienbrücke!

Mein Resümee: ganz nach unserem Vereinsmotto „geht-doch!“ Denn gerade in speziellen Situationen sieht man, was alles geht!

Ich freu mich schon auf unser nächstes #SocialSpots-Treffen!

Blogbeitrag von Christian D.

 

 

„Sitz Doch“ á la Niederländisch

Eine Bank erfasst den Bedarf nach Sitzmöglichkeiten

Im niederländischen Groningen wurde sieben Wochen lang eine Bank an verschiedenen Orten der Stadt aufgestellt. So weit so gut, nur hatte die – für Wiener Verhältnisse – untypisch modern anmutende Bank auch einen versteckten Sensor integriert, der die Nutzungshäufigkeit und Sitzdauer aufzeichnete.

source: Jorne Visser, co-founder of Bureau Buitendienst

So konnten in diesem ersten Pilotversuch des sogenannten „BNCH project“ wichtige Daten zum Bedarf an Sitzmöglichkeiten im öffentlichen Raum erfasst werden. Generell zeigte sich: an viel frequentierten Orten wurde die Bank öfter, dafür aber mit kürzerer Sitzdauer verwendet, während an weniger belebten Orten die Nutzungsanzahl sank, dafür aber die Sitzdauer wesentlich länger war.

Zusätzlich gab es auch einen qualitativen Teil der Untersuchung bei dem die Nutzerinnen und Nutzer mittels QR-Code Scan auf einer Homepage über die verschiedenen Standorte der Bank sowie über das Bank-Design abstimmen und Sitzmöglichkeiten im öffentlichen Raum generell bewerten konnten.

source: Jorne Visser, co-founder of Bureau Buitendienst

So einfach kann es sein – allein das Aufstellen einer (vorher fehlenden) Sitzmöglichkeit kann den öffentlichen Raum verwandeln und eine Umgebung schaffen, in der sich Menschen ausruhen, essen, unterhalten, treffen und das städtische Leben genießen können. Eine weitere Erkenntnis ist, dass der Standort vorrangig entscheidend dafür ist, ob eine Bank verwendet wird oder nicht, das Design der Bank wiederum ist sehr wichtig um Sitzgelegenheiten zu kreieren, die für alle ansprechend sind.

Wir finden dies ist ein schönes Beispiel für niederschwellige Stadtentwicklung. Ein Experiment, welches dabei hilft den öffentlichen Raum für alle zugänglicher und dadurch inklusiver zu gestalten.

Ganz ähnlich, wie geht-doch in Wien mit den roten Klappsesseln auf die Wichtigkeit von konsumfreien Sitzgelegenheiten im öffentlichen Raum hingewiesen hat. Fast könnte man meinen, dass Groningen von unseren Aktionen für mehr konsumfreie Sitzmöglichkeiten mit den Sitz-dochs inspiriert wurde.

#sesseltanz

Best thanks to Jorne Visser, co-founder of Bureau Buitendienst, for providing the photos!

Groningen (NL): BNCH project

Quellen:
Bureau Buitendienst (2019): Projecten: BNCH
https://www.bureaubuitendienst.com/projecten1/bnch

Humankind HQ: Blog
https://www.humankind.city/post/the-benchmark-a-smart-bench-that-teaches-cities-about-the-public-space